Das Chorherrenstift, über dessen Geschichte im vorhergehenden Kapitel berichtet wurde, bestand nur wenig mehr als hundert Jahre. Dann löste sich die "Vita communis", das gemeinsame Leben der Kanoniker im Zuge einer progressiveren Seelsorgeentwicklung auf.
Etwa um 1005 war es dann wiederum ein Metzer Bischof, dem die Stelle am Hahnenberg und der Wasserreichtum der Gegend wie geschaffen für das geistliche Leben erschien. Adalbero II. (984 - 1005) ließ an der Stelle des verfallenen Stiftes ein Frauenkloster errichten, ein neues Münster (Novum monasterium), wie es in der Überleferung heißt. Damit die rechte dieses neuen Klosters unantastbar wurden, bemühte sich der Metzer Bischof auch hier um eine Bestätigung des weltlichen Herrschers, dem durch eine entsprechende Urkunde Kaiser Heinrich II. entsprochen wurde. Neumünster ist als Name des Ottweiler Stadtteils östlich der Blies bis auf den heitigen Tag erhalten geblieben.
Erhalten geblieben sind auch zwei Schlüssel, die auf Neumünster gefunden wurden und dem ehemaligen Nonnenkloster zugeordnet werden. Die Abbildung links zeigt den mit einer Länge von 23 cm größeren der beiden Schlüssel, die sich im Besitz der kath. Kirchengemeinde Ottweiler befinden. Die beiden sog. "Klosterschlüssel" wurden beim Sommerfest der Pfarrei am 6. August 2000 als Dauerleihgabe an das Stadtgeschichtliche Museum Ottweiler übergeben.
Von der Frühzeit des Klosters bis ins hohe Mittelalter hinein war auf Neumünster ein umfangreiches Klosterarchiv vorhanden. Noch im Jahre 1329 lagen dem Official am Metzer Bischofssitz alle Urkunden im Original zur Ausfertigung von Abschriften vor, sowohl aus der Gründerzeit des Chorherrenstiftes, wie auch des späteren Nonnenklosters. Während der kriegerischen Auseinandersetzungen der folgenden Jahrhunderte gingen die meisten dieser Dokumente, wie auch der größte Teil des Klosterarchivs, unwiederbringlich verloren.
Erhalten blieb diese Schenkungsurkunde, in der Theodor, Priester und Kaplan von St. Georg in Metz, sein dortiges Haus im Jahre 1214 dem Kloster Neumünster vermacht, unter der Bedingung eines lebenslangen Wohnrechts darin. Neumünster hatte durch eine weitere Schenkung des Nikolaus Kirchherr, Pfarrer zu St. Anian und Erzpriester zu Noisseville seit 1388 ein weiteres Haus in Metz in Besitz. Grund dieser Besitzungen waren die über das ganze Mittelalter andauernden regen Beziehungen des Klosters zu seiner Diözesanstadt Metz, das nicht nur wirtschaftlicher Mittelpunkt der Region, sondern auch Sitz der Gerichtsbehörde war; vor dem Official zu Metz wurden wichtige Verträge geschlossen und Streitigkeiten beigelegt.
Von großer Bedeutung für die Menschen der damaligen Zeit war die Verehrung von Heiligen, vor allem dann, wenn Reliquien von ihnen erhalten waren. Bereits der Stiftsgründer Adventius hatte dafür gesorgt, daß die Reliquien seines Vorgängers Terentius, der im 5. Jh. zwanzig Jahre lang Bischof in Metz war, auf den Hahnenberg überführt wurden. Wenngleich nicht bekannt ist, ob sie in einem Grab oder Altar oder sogar in einem Schrein aufbewahrt wurden, so wird in einem Bericht der damaligen Äbtissin Katharina von Forbach über die Pfingstwallfahrt der Christen nach Neumünster im Jahre 1306 von einem Schrein erzählt, in dem sie selbst, der Nonnenkonvent und viele Geistliche und Gläubige den Leib des heiligen Terentius gesehen hätten. Der Verbleib der Reliqiuen läßt sich heute nicht mehr feststellen. Zwar berichtet Johann Anton Josef Hansen, der von 1838 bis 1875 Pfarrer und Dechant in Ottweiler war, daß in den Jahren 1815/16 der damalige Pastor Kranz nochmals Grabungen nach den Fundamenten und Reliquien des Klosters veranstaltet habe. Sie seien aber ergebnislos verlaufen. Kein Anhaltspunkt für die Geschichte des Klosters sei gefunden worden. Hansen schließt seine Schilderungen mit den Worten ab: "Es ist, als wäre auch zu Neumünster, wie einst in Jerusalem, der Ruf erschollen: Ihr Götter zieht von Dannen."
Die Abbildung oben zeigt die aus dem beginnenden 16. Jahrhundert erhalten gebliebene Profeßurkunde einer Nonne Anna, die sie als Novizin beim Eintritt in das klösterliche Leben als Nonne verlesen mußte. Der Text lautet in deutscher Übersetzung: Ich, Schwester Anna, verspreche Stabilität und Bekehrung meiner Sitten und Gehorsam nach der Regel des heiligen Benedikt, vor Gott und seinen Heiligen, in diesem Kloster, das errichtet ist zur Ehre der heiligen Dreifaltigkeit und des heiligen Terentius, in Gegenwart der Äbtissin Demude.
Neumünster bestand als Benediktinerinnenkloster bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts hinein. Im Zuge der Reformation wurde die damalige Grafschaft, entsprechend dem herrschaftlichen Bekenntnis, protestantisch. Während die Reformation durch Dr. Morselius nach und nach in der ganzen Grafschaft eingeführt wurde, befanden sich im Kloster nur noch die Äbtissin Elisabeth Blick von Lichtenberg mit zwei Nonnen, den Geschwistern Margreth und Anna von Schwarzenberg. Im Jahre 1576 übergaben sie das Kloster endgültig an den Grafen Albrecht von Nassau-Saarbrücken-Ottweiler und zogen in das Privathaus in der Stadt, das Jahre zuvor vom Kloster angekauft wurde. Was danach aus den letzten Nonnen des Klosters Neumünster geworden ist, blieb der Nachwelt nicht erhalten.
Allein erhalten geblieben ist das Haus selbst. Es steht in der heutigen Goethestraße, direkt an die alte Stadtmauer angebaut und in unmittelbarer Nähe zum einstigen Linxweiler Stadttor. Noch heute wird es das Nonnenhaus genannt. Es erinnert an die Zeit, als das christliche Gemeindeleben in Ottweiler seinen Anfang nahm und ist somit Teil der gemeinsamen Vergangenheit evangelischer und katholischer Christen in der Stadt.
Im Laufe der Recherchen zur Geschichte des Chorherrenstifts und des späteren Klosters Neumünster ist der Autor dieser Beiträge bereits auf eine Reihe von Metzer Bischöfen gestoßen, die eine mehr oder weniger große Bedeutung für die Geschichte haben. Insgesamt kam eine stattliche Anzahl von Klerikern zusammen, die an dieser Stelle in einer chronologischen Reihe folgen:
Amtszeit
Name (ggf. Anmerkung dazu)
Ende 3. Jh.
Klemens, erster Bischof von Metz
Ende 3. Jh.
Patiens
Ende 3. Jh.
Felix
um 400
Terentius, * vor 400, Anfang des 5. Jh. 20 Jahre lang Bischof
vor 608
Arnualdus (auch Arnoald, Arnold) 27 Jahre lang Bischof