Seit 2005 befindet sich als weitere Attraktion die OTTWEILER BUCHDRUCKWERKSTATT als ständige Einrichtung in den Räumen des stadtgeschichtlichen Museums in der Linxweilerstraße. Aus dem reichhaltigen Fundus der Ottweiler Druckerei werden dort bedeutsame Exponate, zusammengestellt in einer funktionsfähigen Buchdruckwerkstatt, als Museum zum Anfassen und  Mitmachen präsentiert. Die alte Residenzstadt setzte mit dieser Einrichtung einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zum Museumsstandort Ottweiler und erhöhte zugleich ihre touristische Attraktivität in der Region.

Möglich wurde die OTTWEILER BUCHDRUCK WERKSTATT durch ein außergewöhnliches zeitliches, materielles und finanzielles Engagement des Ottweiler Unternehmers Hans Paul und seiner Familie, sowie der Belegschaft der Ottweiler Druckerei und Verlag GmbH. Mit hohem technischem Aufwand wurden die Räume in der unteren Etage des Museums umgebaut und für die Aufstellung der zum Teil sehr schweren Maschinen vorbereitet, darunter eine Original Linotype Setzmaschine, mit der früher in der Ottweiler Druckerei ganze Zeilen gesetzt und in Blei gegossen wurden.


Das Foto zeigt den älteren Typ einer Linotype-Setzmaschine; ein ähnliches Modell wurde in der Ottweiler Buchdruckwerkstatt eingebaut.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen, denn es vermittelt dem Besucher einen umfassenden Einblick in die Technik und die Kunst von Satz und Druck, so wie sie vom Prinzip her seit der Zeit Johannes Gutenbergs über mehr als fünfhundert Jahre im grafischen Gewerbe zur Anwendung kamen.

In der Ottweiler Druckerei wurde in der Technik des Bleisatzes und des Buchdrucks seit der Mitte bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts gearbeitet, bevor die großen technischen Umwälzungen in der Druckindustrie neue strategische Ausrichtungen auch des Ottweiler Unternehmens erforderten. Heute gehören Bleisatz und Buchdruck zur Geschichte der Drucktechnik und der typografischen Kunst.



So wie auf diesen Bildern wurde auch in der Ottweiler Druckerei über Jahrzehnte hinweg gearbeitet. Oben sieht man den typischen Arbeitsplatz eines Schriftsetzers mit Setzkasten, Typometer, Schiff, Kolumnenschnur und Winkelhaken. Unten liegt ein mit Blocksatz gefüllter Winkelhaken auf einem Setzkasten.

Johannes Gensfleisch zur Laden, den die ganze Welt als Johannes Gutenberg kennt, legte in der Mitte des 15. Jh. in Mainz mit seiner Erfindung, dem Gießen einzelner Druckbuchstaben mit einer Bleilegierung, den Grundstock für eine revolutionäre Veränderung der Welt. Das Kernstück seiner langjährigen Forschungsarbeit war das von ihm erfundene und entwickelte Handgießinstrument, mit dem man identisch aussehende Lettern in beliebiger Anzahl herstellen konnte. Die beiden folgenden Bilder zeigen ein solches Instrument, so wie es auch von Gutenberg benutzt wurde.


Vor dem Gießen fertigte Gutenberg zunächst für jeden Buchstaben einen Stempel aus hartem Metall (die »Patrize«) an, die im zweiten Schritt in die aus Kupfer bestehende Gießform (die »Matrize«) eingeschlagen wurde. Diese Matrize wurde im Gießapparat fixiert, der Apparat geschlossen und über den Gießkanal die heiße Metalllegierung, bestehend aus Blei, Zinn, Antimon und Wismut, eingefüllt. Damit das dabei sehr heiß werdende Handgießinstrument vom Schriftgießer gehalten werden konnte, war es außen mit Holzbacken versehen. Nach dem Gießen erkaltete und erstarrte der gegossene Buchstabe sehr schnell, so dass die Form rasch geöffnet, die Letter entnommen und der Gießzapfen abgeschlagen werden konnte. Dann musste nur noch die Bruchstelle des Zapfens abgeschliffen werden und als Ergebnis hielt der Gießer die fertige Letter in der Hand.


Sein erstes großes Werk, der Satz und Druck der Vulgata, die als 42-zeilige Gutenbergbibel in die Geschichte einging, eröffnete völlig neue Möglichkeiten zur Verbreitung des geschriebenen Wortes und damit den Zugang breiter Schichten des Volkes zu Wissen und Bildung. Die B 42, wie die Gutenbergbibel auch bezeichnet wird, gehört noch heute zu den schönsten Werken, die die Buchsetzer- und Buchdruckerkunst hervorgebracht hat. Im Jahre 2001 wurde sie daher auch von der UNESCO in eine besondere Liste aufgenommen, derer sich die Menschheit stets erinnern soll, in das „Memory of the World“, das Gedächtnis der Welt. Mit der OTTWEILER BUCHDRUCK WERKSTATT tragen die Ottweiler Druckerei, die Familie Paul und die Stadt Ottweiler dazu bei, daß die einmalige Erfolgsstory der Kunst des Setzens und des Druckens auch den Besuchern des stadtgeschichtlichen Museums im Gedächtnis bleibt. Und Johannes Gutenberg? Er wurde aus Anlaß seines 600. Geburtstages vom amerikanischen Nachrichtenmagazin TIME zum „Man of the Millenium“ ernannt. Ehre, wem Ehre gebürt.


Wie Johannes Gutenberg tatsächlich ausgesehen hat, wissen wir nicht; es gibt keine authentische Überlieferung seiner äußeren Gestalt. Prägend für unsere heutige Vorstellung von Gutenberg sind vor allem Denkmäler aus dem 19. Jahrhundert, durch die eine romantische Verherrlichung seine Person umgesetzt wurde. Das 1837 in Mainz errichtete Gutenberg-Denkmal des dänischen Bildhauers Bertel Thorvaldsen, das heute auf dem Gutenberg-Platz vor dem Staatstheater steht, ist beispielhaft für diesen Typus. Ganz im Gegensatz dazu zeigt die 1962 von Väinö Aaltonen in Helsinki geschaffene Bronzebüste einen überlebensgroßen nüchternen Charakterkopf mit konzentrierter, nachdenklicher Ausstrahlung. Diese Büste wurde vor dem Gutenberg-Museum in Mainz aufgestellt.

(Foto: hwb/2008)


Einer der engsten und wichtigsten Mitarbeiter Gutenbergs war Peter Schöffer (* um 1425 in Gernsheim am Rhein, † um 1503 in Mainz), der sich zunächst als »Bücherabschreiber« und Handschriftenhändler in Paris aufgehalten hatte und um 1450 nach Mainz zurückgekehrt war. Zusammen mit Johannes Gutenberg und dem einflussreichen Geschäftsmann Johannes Fust arbeitete er als Teilhaber in der Mainzer Offizin (Werkstatt) an der Herstellung und am Verkauf der berühmten 42-zeiligen Bibel mit. Nachdem Gutenberg in einem Rechtstreit mit Fust wegen Geldeinlagen in das gemeinsame Unternehmen zumindest teilweise unterlegen war und ausscheiden musste, führte Schöffer zusammen mit Fust die Offizin weiter.

Von Peter Schöffer, damals auch Peter bzw. Petrus Ginsheym genannt, wird berichtet, dass er die Techniken Gutenbergs weiterentwickelt und verbessert habe und dass er seinen ehemaligen Lehrmeister schließlich im Handwerk des Typografen und Buchdruckers sogar übertroffen habe. Im Jahr nach dem Tod von Johannes Fust (1466) heiratet Peter Schöffer dessen Tochter Christina Fust. Drei der vier Söhne des Ehepaares arbeiteten weiter im Typografen- und Druckerhandwerk. Peter Schöffer (der Ältere) war auch Mitbegründer der Frankfurter Buchmesse und wurde im Jahre 1479 Bürger der Stadt Frankfurt.

Während sein Sohn Johannes im Jahre 1503 die väterliche Druckerei erfolgreich weiterführte, wurde der zweitjüngste Sohn Peter (der Jüngere) ein bekannter Buchdrucker der Reformationszeit. Damit sind wir in jener Zeit, in der sich die Verbindung Schöffers zur Ottweiler Stadtgeschichte herstellt.

Im Jahre 1575 führte Graf Albrecht von Nassau-Weilburg die Reformation in seiner neu erworbenen Herrschaft Ottweiler ein und beauftragte mit der Durchsetzung den Superintendenten Lorenz (Laurentius) Stephany. Stephany hatte zwanzig Jahre zuvor die Pfarrerstochter Sara Scheffer geheiratet, die 1579 in Ottweiler verstarb. Ihr Grabstein ist seit 2017 in der evangelischen Kirche in Ottweiler aufgestellt. Saras Vater Johannes Scheffer war erster evangelischer Pfarrer in Usingen. Dessen Großvater und mithin der Urgroßvater der Sara Scheffer war kein geringerer, als jener Peter Schöffer, der das Werk Johannes Gutenbergs so meisterhaft und erfolgreich weiterführte.


Die beiden Aufnahmen zeigen links den Grabstein für die 1579 verstorbene Sara Scheffer und daneben das zu Ehren ihres Urgroßvaters im Jahre 1836 in Gernsheim errichtete Denkmal für Peter Schöffer

Sara Scheffer wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit auf dem alten Neumünsterer Friedhof zwischen Feld- und Klosterstraße beigesetzt. Demgemäß befand sich der Grabstein viele Jahre dort auf ihrem Grab. Als die Protestanten dann zum Ende des 17. Jh. ihren Friedhof in die Stadt verlegten, gelangte auch der Grabstein dorthin. Bis vor kurzer Zeit stand er im Eingangsbereich des früheren evangelischen Gemeindehauses, bevor er dann in der Kirche seinen endgültigen Platz fand.

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