Gutenbergs Erfindung(en) 

In den Jahrhunderten vor Gutenberg wurden Texte durch vollständiges Abschreiben vervielfältigt, zumeist in den Schreibstuben (Scriptorien) der Klöster. Bei den späteren Einblattdrucken oder den Blockbüchern wurden die Texte genauso vollständig in Holz geschnitzt, um dann eingefärbt und durch Abreiben auf Papier gebracht zu werden.

Gutenberg durchbrach diese traditionelle Praxis mit einer ebenso einfachen wie genialen Erfindung: Er löste die Texte in ihre kleinsten Bestandteile, die 26 Buchstaben des lateinischen Alphabets, auf und entwickelte ein Verfahren, mit dem man diese Einzelbuchstaben vollkommen identisch und in beliebiger Anzahl herstellen konnte. Durch Neuordnung konnten diese Einzellettern zu neuen, sinnvollen Texten zusammengefügt werden.

Moderne Drucktype des 20. Jahrhunderts

Stempel, Gussform und Handgießinstrument

Gutenbergs wichtigste Erfindung ist daher das Verfahren, mit dem die aus einer Bleilegierung bestehenden Einzellettern hergestellt werden konnten. Gussform und Gießinstrument sind dabei die wichtigsten Instrumente.

Der erste Schritt war die Herstellung der sogenannten Patrize, eines Stahlstabes, auf dessen Spitze eine Letter seitenverkehrt als Relief eingraviert wurde. Diese Stahlpatrize konnte nun mit einem Hammer in einen kleinen Kupferblock »abgeschlagen« werden. Da Kupfer weicher als Stahl ist, entstand ein vertieftes seitenrichtiges Abbild des Buchstabens. Diese im zweiten Arbeitsschritt entstandene Gussform wurde Matrize genannt.

Stempel (Patrize) und Gussform (Matrize)

Die Matrize konnte nun in dem zweiteiligen Gießapparat genau justiert werden. Dann wurde das Gießinstrument geschlossen und durch den Gießkanal die flüssige Bleilegierung eingefüllt. Diese Legierung hatte zu Gutenbergs Zeit etwa 83 Prozent reinen Bleianteil, 9 Prozent Zinn, 6 Prozent Antimon und je 1 Prozent Kupfer und Eisen. Damit das Gießinstrument beim Eingießen der sehr heißen Legierung vom Schriftgießer gehalten werden konnte, war es außen mit dicken Holzbacken versehen. Die Zusammensetzung der Legierung ermöglichte ein rasches Erkalten der gegossenen Letter, so dass sie bereits kurz nach dem Guss aus dem Gießapparat entnommen und weiterverarbeitet werden konnte. Dazu musste nur noch der Gießzapfen an der Sollbruchstelle abgeschlagen und glattgeschliffen werden.

Handgießinstrument

Das Grundkonzept der Einzelbuchstaben mit Patrize und Matrize, die Gießmetalllegierung aus Blei, Zinn und Antimon sowie das Handgießinstrument sind nur ein Teil der Erfindungen Gutenbergs. Auf ihn zurück gehen auch weitere, für die Satzherstellung und den Druck notwendige Erfindungen.

Setzkasten, Winkelhaken und Ausschlussform

Die Grundform des Setzkastens geht auf Gutenberg zurück und war so angelegt, dass die Buchstaben, die am häufigsten benötigt wurden, in Griffnähe des Setzers lagen. Dieses System wurde danach immer weiter verfeinert bis zu den neuzeitlichen genormten Setzkästen des 20. Jahrhunderts.

  • Antiqua-Setzkasten
  • Belegungsschema eines Setzkastens
  • Setzkasten 18. Jh.
  • Steckschriftkasten

Der zunächst hölzerne Winkelhaken diente dem Schriftsetzer zur Aufnahme der aus dem Setzkasten entnommenen Einzellettern, die er zu für ihn seitenverkehrt lesbaren Wörtern und Sätzen zusammenfügte. Auch dieses Werkzeug wurde in den Folgejahrhunderten verbessert und präzisiert. Der bewegliche Teil des modernen Winkelhakens, der Frosch, ermöglichte die Einstellung des Werkzeugs auf eine bestimmte Zeilenbreite.

 Neuzeitlicher Winkelhaken mit dem »Frosch«, dem beweglichen Mittelteil

Im Blocksatz gesetzte Zeilen im Winkelhaken über einem Setzkasten

Aus Holz war zu Gutenbergs Zeit auch das Brett zu Aufnahme der Druckform, die sogenannte Ausschlussform. Hier wurden die einzelnen Zeilen zu Kolumnen zusammengefügt und soweit bearbeitet, dass davon unmittelbar der Druck erfolgen konnte. In der Folgezeit wurde daraus das metallene Setzschiff.

Neuzeitliches Setzschiff für Formate bis DIN A4 mit einem abgebundenen Satz. Links ein Typometer, oben eine Ahle, Kolumnenschnur und ein Winkelhaken

Drucktinte, Druckerballen und Druckpresse

Auch diese drei Elemente gehen auf Gutenberg zurück. Die Drucktinte wurde aus Lampenruß (Farbpigment) und Firnis (Bindemittel aus Leinöl) gemischt und hatte eine tiefschwarze Farbe. Mit den Druckerballen konnte die Druckform gleichmäßig eingefärbt werden. Und mit der Druckpresse erfolgte dann der eigentliche Druck.

Einfärben einer Druckform mit zwei Druckerballen

Die Entwicklung der Druckpresse entsprach einem weiteren genialen Gedankengang Gutenbergs. Ausgehend von zeitgenössischen Spindelpressen, wie sie zur Wein-, Öl- aber auch Papierherstellung genutzt wurden, suchte er nach einer Möglichkeit, die Farbe vom eingefärbten Drucktypenmaterial auf die angefeuchteten Papiere zu übertragen. Den physikalischen Gesetzen der Spindelpresse folgend gelang ihm das mit einem hohen, vor allen aber gleichmäßigen Druck. Er konstruierte einen schiebbaren Karren, mit dem die Druckform genau unter der Spindel platziert werden konnte und einen klappbaren Deckel für das Papier, sowie den Tiegel, das für den Druck erforderliche Gegenstück zur Druckform.

Links ist eine alte Weinpresse zu sehen, rechts die Druckerpresse des Mainzer Gutenbergmuseums

In seiner Straßburger Zeit befasste sich Gutenberg sehr intensiv mit der Konstruktion der Druckerpresse nach seinen Vorstellungen. Dort ließ er sich von einem Drechsler eine hölzerne Presse bauen, die eine Weiterentwicklung der Spindelpresse war, wie sie u.a. bei der Papierherstellung verwendet wurde. Besonders wichtig war hierbei, dass sich der Tiegel, sobald er auf dem Druckstock auflag, nicht mehr verschieben konnte, wenn er mit der Spindel fest angepresst wurde.

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