Hans-Joachim Hoffmann mit dem Alex-Deutsch-Preis ausgezeichnet 

Die Alex-Deutsch-Stiftung hat am 20. November 2019 in Kooperation mit dem Landkreis Neunkirchen Hans-Joachim Hoffmann mit dem Alex-Deutsch-Preis ausgezeichnet. Als Kuratoriumsvorsitzender würdigte Landrat Sören Meng die Leistungen und die Tatkraft des Preisträgers: „Hans-Joachim Hoffmann aus Ottweiler engagiert sich seit Jahren in der Erinnerungsarbeit und leistet mit seinen historischen Recherchen einen Beitrag zur Aufklärungsarbeit. In Ottweiler engagiert er sich in besonderem Maße im Bereich des jüdischen Friedhofes sowie bei der Aktion Stolpersteine“. Für die Auszeichnung vorgeschlagen wurde Hans-Joachim Hoffmann von Klaus Burr. Beide bieten seit 2013 regelmäßige Führungen über den jüdischen Friedhof in Ottweiler an, dem einzigen erhalten gebliebenen Erinnerungsort an die jüdische Gemeinde von Ottweiler. Der Preis ging in diesem Jahr zudem an die Arbeitsgemeinschaft Geschichte des Saarpfalz-Gymnasiums Homburg, in der sich Schülerinnen und Schüler seit zwanzig Jahren mit dem Leben und Wirken von Alex und Doris Deutsch auseinandersetzen. 

Hans-Joachim Hoffmann (2. von links) nach der Preisverleihung. Links im Bild Ministerin Streichert-Clivot, zweiter von rechts Prof. Rixecker, links daneben Landrat Meng und Frau Deutsch. In der Bildmitte und rechts Eberhard Jung mit Schülerinnen und Schülern des Saarpfalz-Gymnasiums. Foto: Jasmin Alt

Die Laudatio für die Preisträger hielt der Antisemitismusbeauftragte der saarländischen Landesregierung, Prof. Dr. Roland Rixecker. In weiteren Würdigungen und Ansprachen gingen Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot, Landrat Sören Meng und Doris Deutsch im vollbesetzten historischen Saal des Ottweiler Landratsamtes auf die Verdienste der Preisträger und auf den besonderen Wert einer aktiven Erinnerungskultur ein. In ihren Dankadressen gaben Hans-Joachim Hoffmann und der Leiter des AG Geschichte am Homburger Gymnasium, Eberhard Jung, Einblicke in ihre jeweiligen Wirkungsbereiche. 

Zur Persönlichkeit von Alex Deutsch

Alex Deutsch wurde am 7. August 1913 als achtes Kind der Eheleute Josef († 1922) und Rosa Deutsch in Berlin geboren. Die Familie gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Vier seiner Geschwister und seine Mutter verließen zwischen 1923 und 1939 Deutschland.

Alex Deutsch war gelernter Bäcker, durfte als Jude diesen Beruf nach Inkrafttreten der Nürnberger Gesetze 1935 nicht mehr ausüben. 1938 heiratete er Thea Cohn, 1940 kam der Sohn Dennis zur Welt.

Am 27. Februar 1943 wurden Alex, Thea und Dennis Deutsch von der SS verhaftet. In getrennten Transporten wurde die Familie mit Güterwaggons in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert, die Frau und der Sohn mit dem ersten, Alex selbst mit dem folgenden Zug.

Zwei Wochen nach seiner Ankunft im KZ erfuhr Alex Deutsch, dass seine Frau Thea (damals 29 Jahre alt) und sein Sohn Dennis (2 Jahre und 5 Monate alt) sofort nach ihrer Ankunft in Auschwitz durch Vergasen ermordet wurden.

Nach eigener Aussage beschloss Alex Deutsch in diesem Moment, das KZ zu überleben, um Rache zu nehmen.

Aufgrund der herannahenden Truppen der Roten Armee begann im Januar 1945 die Evakuierung des KZ Auschwitz-Birkenau, in dessen Verlauf etwa 1000 Gefangene – unter ihnen auch Alex Deutsch - auf einen Todesmarsch nach Gleiwitz getrieben wurden. Dort angekommen, wurden sie in Güterwaggons nach Buchenwald transportiert und von dort aus in das Außenlager KZ Langenstein-Zwieberge. Am 20. April wurde Deutsch und drei weitere Kameraden von den Amerikanern befreit. Da eine Rückkehr in das von der Roten Armee besetzte Berlin ausgeschlossen war, flüchteten Alex Deutsch und sein Kamerad Karl Loeb zunächst zu dessen Schwester nach Luxemburg, kamen von dort nach Belgien und schließlich nach Frankreich. Alex Deutsch gelang von hier die Ausreise in die USA, Karl Loeb musste krankheitsbedingt zurückbleiben.

Am 25. Juni 1946 kam Deutsch in New York an, wo er von seinem Bruder Herrmann abgeholt wurde und mit ihm nach St. Louis fuhr. Er arbeitet wieder in seinem erlernten Beruf als Bäcker, wurde später Besitzer eines Supermarktes und erhielt 1951 die amerikanische Staatsbürgerschaft. 1948 hatte er Dvora Spiller geheiratet. Im Zuge der Unruhen und gewalttätigen Ausschreitungen in St. Louis nach der Ermordung Martin Luther Kings 1968 kam es zu mehrfachen Verwüstungen von Deutschs Laden, was ihn später zu der Parallele veranlasste: "Die Nazis hatten mich misshandelt, weil ich Jude war, die Schwarzen terrorisierten mich nunmehr, weil ich Weißer war."

Nach dem 1977 erfolgten Tod seiner Frau Dvora kehrte Alex Deutsch 1978 nach Deutschland zurück. Er heiratete Doris Loeb, die Witwe seines Kameraden Karl Loeb und bezog eine Wohnung in Wiebelskirchen.

Alex Deutsch (* 7. August 1913 † 9. Februar 2011)

Dem Rachegedanken, der durch die Ermordung seiner Frau Thea und seines Sohnes Dennis in Alex Deutsch ausgelöst wurde, hatte er bereits in Amerika abgeschworen.

In Deutschland machte sich Alex Deutsch nun an eine Lebensaufgabe: als Zeitzeuge, Jugendlichen in Schulen und Jugendgruppen von seinem Schicksal als deutscher Jude während der Zeit des Nationalsozialismus zu erzählen. Dieser Lebensaufgabe widmete er sich gemeinsam mit seiner Frau Doris unermüdlich und mit ganzer Überzeugungskraft, wobei ihm eine glaubwürdige Weitergabe seiner Botschaft für mehr Mitmenschlichkeit und Toleranz gelang. Dabei übermittelte er den jungen Menschen immer wieder neu die Worte des Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker: „Lasst euch nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass gegen andere Menschen! Lernt, miteinander zu leben und nicht gegeneinander!“

Alex Deutsch waren noch viele Jahre für seine Lebensaufgabe gegönnt. Unter anderen ausgezeichnet mit dem Saarländischen Verdienstorden und dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse starb Alex Deutsch am 9. Februar 2011 im Alter von 97 Jahren in Wiebelskirchen. Seine Frau Doris führt die Arbeit ihres Mannes in seinem Sinne weiter fort.


Die Skulptur des Alex-Deutsch-Preises von Kimoto

Das Schicksal hatte sie aneinander gefesselt und zu Freunden gemacht: Karl Löb und Alex Deutsch, in den Vernichtungslagern der Nazis. Ihr Ziel: Überleben.


»2 Hände - 2 Nummern - 1 Stein: Karl und Alex«, Skulptur des Alex-Deutsch-Preises von Seiji Kimoto (* 1937 in Osaka/Japan † 2022 in Wiebelskirchen)

 

Zuerst im Konzentrationslager Auschwitz, dann im Zwangsarbeiterlager Langenstein-Zwieberge. Sie machten sich gegenseitig Mut, dass es für sie eine Zukunft geben, dass sie der "Vernichtung durch Arbeit" entrinnen könnten. Viele Jahre später kehrte Alex Deutsch, dessen Frau und Kind in Auschwitz vergast wurden, nach Deutschland zurück und lernte durch glückliche Fügung die Witwe seines Freundes Karl, Doris, kennen und lieben. Aus dem Bergwerk, in dem er und Karl als Zwangsarbeiter schuften mussten, brachte er gemeinsam mit seiner Frau einen Stein mit, den sie zum Gedenken fassen lassen wollten. Aus dieser Idee heraus entstand die Skulptur "2 Hände, 2 Nummern, 1 Stein - Karl und Alex" von Seiji Kimoto. Die Übergabe fand am 06. Mai 2011 statt. 

Doris Deutsch, Seiji Kimoto, Neunkirchen 2011, Originalfoto: Marc Prahms, Bildschirmfoto: Hans Werner Büchel 

Zwei Hände, zusammengebunden vom Schicksal wie ein Mensch. Zwei Nummern, ewige Narben, eingebrannt von ihren Peinigern. In ihrer Mitte ein Stein, Bruchstück der Steine, die sie im Bergwerk aus dem Felsen schlagen mussten. Die Hände geöffnet und nach oben gerichtet, ragen über den Stein hinaus, ohne Verzweiflung, in unzerstörbarer Hoffnung auf eine andere Zukunft.

In Memoriam Seiji Kimoto

* 1937 Osaka † 27. April 2022 Wiebelskirchen

 Foto: Peter Riede / Adolf Bender Zentrum